Am Freitagnachmittag startet der offizielle Teil des Wochenendseminars mit Kaffee und Kaltgetränken und einer lockeren Vorstellungsrunde zum Kennenlernen.

Danach folgt der erste Fachvortrag des Wochenendes zum Thema „Impfungen, nicht nur für Reisen – Besonderheiten für Nierenkranke, Dialysepflichtige und Transplantierte“. Priv.-Doz. Dr. Heike Bruck, Chefärztin der Medizinischen Klinik III Helios Klinikum Krefeld und ärztliche Leitung des KfH Nierenzentrums Krefeld informiert uns über die Unterschiede von aktiver Impfung und passiver Impfung, Lebendimpfstoff und Totimpfstoff sowie über die verschiedenen empfohlenen Impfungen nach dem epidemiologischen Bulletin (Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (SRIKO) am Robert Koch Institut) und mögliche Nebenwirkungen. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass wirkliche Impfkomplikationen heutzutage eine Seltenheit und die meisten anerkannten Impfkomplikationen in der Vergangenheit durch heute nicht mehr empfohlene Impfungen verursacht wurden. Außerdem bespricht sie mit uns die KDIGO Leitlinie für Impfungen bei Nierentransplantation, die insbesondere vorschlägt, Lebendimpfstoffe bei Nierentransplantatempfängern zu vermeiden, sowie Impfungen in den ersten 6 Monaten nach Nierentransplantation, mit Ausnahme der Influenza-Schutzimpfung.

Nach dem Abendessen ist in gemütlicher Atmosphäre ausreichend Zeit für das bessere Kennenlernen untereinander und den individuellen Austausch.

Am Samstagmorgen nach dem Frühstück erfahren wir von Dr. Pascal Kopperschmidt etwas über den Aufbau und die Funktionsweise einer mobilen Dialysestation am Beispiel seiner Wohnwageninstallation. „Mobil mit/trotz Hämodialyse – Über einen, der auszog, um die Welt zu sehen...“ betitelt er seinen interessanten Vortrag. Pascal ist seit 1989 Dialysepatient, war von 1997 bis 1999 transplantiert und macht seit 2002 Heimhämodialyse. Zunächst macht uns Pascal mit den einzuhaltenden Rahmenbedingungen vertraut: Nach der Gebrauchsanweisung dient das „Hämodialysesystem der Durchführung der chronischen und akuten Hämodialyse und kann in der Heim-, Zentrums-, Limited Care- oder Klinikdialyse eingesetzt werden. Das Gerät darf nur von Personen errichtet, betrieben und angewendet werden, die die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen. Der Betreiber ist verantwortlich,  dass die nationalen oder lokalen Bestimmungen zum Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten eingehalten werden... und sich das Gerät in einem ordungsgemäßen und sicheren Zustand befindet.“ Viele Anforderungen, die es auch bei der mobilen Dialyse im Wohnwagen zu beachten gilt. Bei seiner individuellen Planung musste sich Pascal auch Gedanken machen über die technischen Daten der Maschine, die er mitnimmt (Maße, Gewicht, Klassifizierung), die Lagerung der Maschine, den Transport (Transportsicherung, Überwindung von Hindernissen) und die Erstinbetriebnahme (Elektrische Anlage, Wasserversorgung). Fazit: Viel Wissen, handwerkliches Geschick und Einfallsreichtum ist erforderlich, um ein derartiges Projekt auf die Bein zu stellen. Nach einer kurzen Kaffeepause besichtigen wir draußen Pascals mobile Dialysestation im Wohnwagen und löchern ihn vor Ort staunend mit unseren Fragen.

Das Vortragsprogramm geht weiter mit einem ganz anderen Bereich der Mobilität, nämlich der interkorporalen. Die Ostheopatin, Heilpraktikerin und  Physiotherapeutin Marion Höller lädt uns ein zu einer Reise in unseren eigenen Körper ein und macht sich mit uns Gedanken zur „Steigerung der Dialysequalität durch Mobilisierung harnpflichtiger Substanzen“. Ihr Credo: „Wir müssen unseren Körper ganzheitlich erfahren, um in ihm ganzheitlich zu leben“. So machen wir, auch anhand praktischer Übungen, spannende Erkenntnisse über unsere Organe und Körperfunktionen, wie zum Beispiel das Zusammenspiel von Zwerchfell und Bauchmuskeln.  Auch über die richtige Atmung erfahren wir interessante Neuigkeiten und werden zum Nachdenken angeregt: „Bedenken Sie, dass: Der Hund 36 Mal in der Minute atmet und 18 Jahre lebt. Der Mensch 18 Mal in der Minute atmet und 72 Jahre lebt. Die Schildkröte 4 Mal in der  Minute atmet und 300 Jahre alt wird.“

Nach dem Mittagessen steht das Programm am Nachmittag diesmal ganz im Zeichen von "bewegen-erleben-entdecken": Naherholung, Sport, Spaß und zwangloser Austausch bei einer Draisinenfahrt von Kleve nach Kranenburg und zurück. Diese Tour ist pro Strecke ca. 10 km lang und führt vom Spoykanal in Kleve bis zum Bahnhof Kranenburg. Den Spaß auf der Schiene erradeln wir mit zwei Club-Draisinen auf denen jeweils bis zu 14 Personen Platz haben, wobei je 4 Plätze aus Fahrrädern bestehen, die die Draisine antreiben. Außerdem gibt es auf der Strecke, die auch an unserem Hotel vorbeiführt, mehrere Straßenkreuzungen, an denen von uns Ampeln und Schranken per Hand zu betätigen sind. Ein großer, sportlicher Spaß, der aber auch viel Zeit für gute Gespräche bietet.

Nach dem Abendessen stehen noch zwei spannende Vorträge zum Thema „Urlaubserfahrungen mit Hämodialyse“ auf dem Programm.

Unser erster Referent zu diesem Thema ist Thomas Lehn mit 47 Jahren Hämodialyse-Erfahrung. Thomas ist seit 1970 durchgängig an der Dialyse und macht zusammen mit seiner Frau Beate seit 1983 Heim-Hämodialyse. Somit ist der 61-jährige System-Techniker aus Ingelheim am Rhein einer der wenigen Nierenpatienten, die am längsten mit einer Nierenersatzbehandlung leben. Zu seinen Hobbies zählt neben seinem Engagement in diversen Vereinen rund um das Thema Dialyse vor allem auch das Reisen. Sein Motto: „Fast alles ist möglich – nur Mut – man kann weltweit dialysieren“. So besucht er in den vergangenen Jahren viele nahe und ferne Urlaubsziele wie Damp an der Ostsee, Fuerteventura und Teneriffa, die Türkei, mehrfach Ägypten (Sharm-El-Sheikh und Hurgada), aber auch Jamaika, Süd-Afrika, Los Angeles, Mexiko und die Dominkanische Republik. Um sich über mögliche Urlaubsziele mit Dialyse zu informieren empfiehlt Thomas den Dialysereiseführer des Bundesverband Niere e.V. sowie die Annoncen in der Patientenzeitschrift „Der Nierenpatient“ oder im „Diatra Journal“. Im Internet findet man Informationen unter anderem unter www.dialyse-online.de (Forum Urlaubsdialyse), www.globaldialysis.com (weltweite Dialysen), www.dialyseauskunft.de und www.kfh-dialyse.de. Thomas rät uns, erst nach schriftlicher Dialysebestätigung den Urlaub fix zu buchen und sich vorher zu vergewissern, dass in der Urlaubsdialyse

deutsche Dialysestandard nach den Vorgaben des Heimatdialysezentrums eingehalten werden (insbesondere Hygienestandards, keine Mehrfachverwendung der Dialysatoren, vergleichbare Einstellungen der Maschine und vergleichbare Verwendung der Konzentrate. vergleichbar Heimatzentrum). Für den Notfall sollte man sich um eine Möglichkeit des Rücktransports ins Heimatland, insbesondere bei Transplantationsangebot oder Shuntkomplikationen, gekümmert haben und immer eine rund um die Uhr Notfallnummer des Dialysezentrums oder eines deutschsprachigen Ansprechpartners/Arztes dabei haben. Außerdem sollte geklärt sein, wie der Transport zur Dialyse und zurück funktioniert sowie, dass die Krankenversicherung die Kosten der Urlaubsdialyse trägt, denn es kann auch sein, dass Kostenanteile der Urlaubsdialyse nicht übernommen werden oder aber auch die Dialysekosten vorfinanziert werden müssen. Thomas’ Motto zur Urlaubsdialyse: „Dialyse, like at Home“ und sein Statement: „Bei mir fängt der Urlaub an, wenn die erste Dialyse gut verlaufen ist“.

Unser zweiter Referent des Abends zum Thema „Urlaubserfahrungen mit Hämodialyse“ ist  Jörg Rockenbach, auch 2. Vorstand des Heim-Dialyse-Patienten e. V., der seit 14 Jahren Heim-Hämodialyse macht und ebenfalls von vielen tollen Urlaubserfahrungen zu berichten weiß. Für den organisierten Dialyseurlaub empfiehlt Jörg die auf Dialysepatienten spezialisierten Reisebüros „Feriendialyse Dr. Berger“  (www.feriendialyse.com) und „Liebels Dialyse Holidays“ (www.dialyse-holidays.de) und für Kreuzfahrten „Kreuzfahrten mit Dialyse“ (www.dialyseundkreuzfahrten.com). Bei einem selbst geplante Urlaub mit Dialyse geht Jörg selbst wie folgt vor:  Nachdem das Urlaubsziel gewählt ist, klärt er zunächst, ob es vor Ort eine Dialysemöglichkeit gibt und wie hoch die Kosten sind. Deutsche Kassen erstatten in der Regel nur 189,-€ pro Dialysebehandlung. Außerdem klärt er, wie abgerechnet wird (Versichertenkarte, Kostenübernahmeerklärung, Abtretungserklärung). Ist ein Dialyseplatz vorhanden reserviert er ihn (unter Vorbehalt) und sucht dann Unterkunft sowie Flug suchen und klärt den Transport zur Dialysebehandlung. Steht dies alles, geht er an die feste Buchung von Flug, Unterkunft und Dialyseplatz. Anschließend informiert er die Heimatdialyse und beantragt bei ihr einen Arztbrief für den Urlaub. Diesen sendet er dann mit den aktuellen Befunden 3-4 Wochen vor dem Antritt des Urlaubs zur Urlaubsdialyse gesendet werden. Kurz vor dem Reiseantritt vergewissert er sich noch einmal, dass alles klar ist, die Unterlagen angekommen sind und der Dialyse-Platz in der gewünschten Schicht reserviert ist. Je nachdem, wie lange die geplante Reise noch hin ist, ist es auch sinnvoll sich über eine spezielle Reiserücktrittsversicherung für Herz-/Dialysepatienten, wie sie www.travelsafe-24.de oder der ADAC anbieten, Gedanken zu machen. Jörg hat ebenfalls eine Vielzahl von Reisezielen mit Dialyse besucht, unter anderem Koserow auf Usedom, Valderice bei Trapani auf Sizilien, Torremolinos bei Malaga, Puerto del Carmen auf Lanzarote, Jandia auf Fuerteventura, Puerto Santiago auf Teneriffa und nahe Heraklion auf Kreta.

Nach dem Frühstück stellen wir uns vor der malerischen Ansicht des Schlosshotels Gnadenthal zum Gruppen- und Erinnerungsfoto auf.

Danach entführt uns Marion Höller noch einmal in die inneren Zusammenhänge und verborgenen Geheimnisse unseres Körpers, diesmal mit einem Vortrag zum Thema „Die Flüssigkeitskreisläufe im Körper und deren Wechselbeziehungen“. Wir lernen etwas über die Funktion und Aufgabe von Körperflüssigkeiten, die den Transport von Stoffen zwischen den Organen bewerkstelligen. Wichtig ist nicht nur der Transport wertvoller Stoffe an die richtige Stelle, sondern auch der Abtransport von Abfallstoffen, die geeignete Organe dann in Form anderer Körperflüssigkeiten ausscheiden können.

 Nach der Kaffeepause widmen wir uns thematisch nun der Peritonealdialyse: Carola Wehn, die selbst, bevor sie zur Hämodialyse wechseln musste, viele Jahre Peritoneal-Dialyse gemacht hat, berichtet uns vom „Verreisen mit Bauchfelldialyse“. Ihr Credo: „Vorbereitung ist alles“. Wichtig ist insbesondere die frühzeitige Koordination von Behandlungszentrum, Dialysehersteller und Auslieferungslager am Urlaubsort. Daher sollte man sich um die Materialbestellung im Zentrum für einen Inlandsurlaub mindestens 6 Wochen vorher, für einen Auslandsurlaub mindestens 8 Wochen vorher kümmern. Dafür ist ein Formular auszufüllen mit Urlaubsadresse und Ansprechpartner vor Ort sowie gewünschter Menge an Dialysierflüssigkeit. Außerdem benötigt man ein Zentrum als mögliche Anlaufstelle am Urlaubsort. Neben den üblichen Dingen für einen Urlaub sollte man als Bauchfelldialysepatient an vieles weitere in seinen Koffer packen: den Arztbrief, die Medikamente und den Medikamentenplan, das Blutdruckmessgerät, die Wärmeplatte/-tasche, Desinfektionsspray und weitere Hygieneartikel (z.B. Unterlegtücher, Mundschutz) und weitere bauchfelldialysespezifische Kleinteile (wie Ansatzstück, Haken, Kette, Schere, Federwaage, Klemmen, Mini-Caps) sowie die Dialyse-Protokolle und einen Stift. So ausgerüstet ist Peritoneal-Dialyse (fast) immer und überall möglich.

Mit dem reichhaltigen und leckeren Mittagessen ist dann das Infoseminar auch schon wieder vorbei. Wir freuen uns auf weitere spannende Themen und ein Zusammentreffen mit vielen am Austausch Interessierten im nächsten Jahr.

Hier noch ein paar Fotos:


 

 

Das HDP-Infoseminar wurde in diesem Jahr durch die KKH - Kaufmännische Krankenkasse finanziell unterstützt.

Stefanie Neuhäuser